Meine Mutter hat einen neuen Computer. Von einem großen Anbieter, der hauptsächlich direkt über seine Webseite verkauft. Bereits die Bestellung war ein Drama, da in den Nachrichten bekanntlich regelmäßig Horrormeldungen über Betrug im Internet verbreitet werden. Die Eingabe von Kreditkartendaten war für meine Mutter deshalb bereits eine große Überwindung. Nun ja, der Computer ist gestern angekommen.
Mein Telefon klingelt.
Ich: „Hallo?“
Sie: „Der Computer ist da, kannst du mal vorbeikommen?“
Ich: „Hast ihn schon ausgepackt?“
Sie: „Nein, das traue ich mich nicht. Kannst du nicht nachher herkommen und schauen, dass alles da ist?“
Ich seufze, vorsichtshalber unhörbar.
Ich: „Ja, aber erst nach sechs Uhr.“
Gesagt getan, pünktlich kurz nach sechs schlage ich bei meinen Eltern auf. Mein Vater hat den Computer inzwischen doch ausgepackt, ein Laptop mit schwarzer Hochglanzoberfläche. Meine Mutter rubbelt mit einem Tuch bereits die ersten Fingertapper weg.
Ich: „Gib mal her.“
Sie: „Moment, ich muss erst die Abdrücke wegmachen.“
Nach etwas hin und her bekomme ich den Computer, Windows XP, immerhin schon mit SP3 aber viele Updates fehlen trotzdem. Etwa 250 MB Updates später bekommt sie den Rechner zurück. Ich habe ihr einen Account, vorsichtshalber ohne Passwort angelegt. Man muss nur auf das Icon klicken. Danach wieder ausgeschaltet, sie soll ja mal alles eine machen.
Ich: „So, jetzt kannst du ihn mal testen.“
Sie hält das Gerät … nuja … nicht ganz richtig rum. Der Hersteller hat sein Firmenlogo so angebracht, dass es richtig steht wenn das Display ausgeklappt ist. Dafür muss es aber auf dem Kopf stehen zum Öffnen.
Sie: „Wo geht der denn auf?“
Ich: „andersrum.“
Sie schaut das Gerät von unten an, findet aber dann doch schnell raus, wie man das Display aufklappt und nach etwas drehen und suchen auch den Einschaltknopf direkt unterhalb des Displays.
Ich: „Dann mach mal …“
Sie: freudig „Der ist ja richtig schnell“
Ich: „Starte mal ein Programm.“
Sie: klickt auf Start „Wo ist denn da Programme?“ enttäuscht „Das sieht ja alles ganz anders aus.“
Ich vergaß … rechter Mausklick auf die Taskleiste, umstellen auf klassisches Startmenü, jetzt sieht das auch aus wie gewohnt.
Ich: „Probier’s nochmal.“
Sie: freudig „Ja, so kenn ich das“
Sie startet Word. Jetzt muss man wissen, dass sie bisher Word 2000 hatte und auf dem neuen Rechner eine Lizenz für Office 2007 Home dabei ist. Das sieht … nunja … etwas anders aus.
Sie: enttäuscht „Wie sieht das denn aus? Das ist ja alles ganz anders. Da muss ich mich ja ganz neu einarbeiten!“
Bevor ich was sagen kann hat sie Word schon wieder geschlossen.
Sie: „Dann spiele ich halt erstmal was.“ und startet Solitär.
In der Standardeinstellung deckt Solitär aber immer drei Karten auf einmal auf. Was man jedoch leicht umstellen könne …
Sie: wieder enttäuscht „Das sieht ja auch ganz anders aus. Das ist aber doof!“
Ich würde ihr das ja umstellen aber soweit komme ich gar nicht mehr. Bevor ich noch etwas sagen kann fährt sie den Computer runter.
Sie: „Das ist mir jetzt zu viel Arbeit. Das schaue ich mir nach Weihnachten nochmal an.“
Und jetzt atme ich erleichtert auf. Weihnachten ist mein Bruder auch mal wieder im Lande, dann darf er ihr gerne alles erklären. Den alten Rechner hat ja auch er für sie eingerichtet. Sie rubbelt mit dem Tuch die letzten Fingertapper weg und packt den Computer wieder ein.
Sie: „Ach ja, für den neuen Computer brauche ich auch noch eine neue E-Mail Adresse.“
Gerne. Das darf ihr auch mein Bruder einrichten. 🙂