Manchmal hat da jemand eine große Klappe und in Wirklichkeit steckt nicht viel dahinter. Aber im Detail:
Die Augsburger Polizei rühmt sich in einer Presseerklärung, die Internetseite „Hacksector“ zerschlagen zu haben. Es handelt sich dabei um ein Forum mit 30.000 Usern und 700.000 Beiträgen. In diesem Forum beschäftigten sich die Nutzer angeblich hauptsächlich mit illegalen Praktiken, wie beispielsweise dem Austausch von Benutzerdaten, dem Kauf von Kreditkarteninformationen oder Anleitungen zum Knacken von Passwörtern. Mit einem speziellen Programm war es angeblich sogar möglich, innerhalb von Minuten einen gefälschten Bundespersonalausweis herzustellen.
Ich finde, das ist eine gewaltige Leistung der Augsburger Polizei. Eine offensichtlich international tätige (das Internet ist ja universell) kriminelle Bande mit 30.000 Mitgliedern, da ist die Mafia ein Blumenzüchterverein. Und die Sache mit dem Ausweis, die ja bekanntlich schwer zu fälschen sind. Ich bin echt beeindruckt.
Im Detail sieht es jedoch ganz anders aus.
- aktuell wird gegen 11 Beschuldigte (15-22 Jahre, das sind Kinder!) ermittelt. 11! Nicht 30.000, nicht 1.000 nicht 100, nur 11. Und Kinder. Oder wie Fefe schreiben würde „!!11elfelf“.
- ermittelt wird wegen Vorbereitens des Ausspähens und Abfangens von Daten (§ 202c StGB). Also nicht einmal wegen konkreten Straftaten sondern lediglich wegen umstrittenen Vorbereitungshandlungen.
- Anleitungen zum Knacken von Passwörtern gibt es überall, sogar in diversen Schulungsunterlagen von Betriebssystemherstellern. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, eine Behörde des Bundesinnenministeriums bietet den Passwort-Cracker John the Ripper sogar zum Download an. Gegen das BSI wurde das Ermittlungsverfahren wegen § 202c übrigens eingestellt.
- Die Software zur Erstellung eines gefälschten Personalausweises ist weiterhin online. Die Seite Onlinewahn.de bietet sie beispielsweise an. Aber gut, als Polizeibeamter darf man schon mal einen in Kunststoff eingeschweißten Bundespersonalausweis mit einem grünen Pappendeckel mit Homer Simpson Bild verwechseln. Die nötigen Informationen, um beispielsweise die Ziffercodes auf einem Ausweis korrekt zu ermitteln findet man bei Prüfziffern.de. Und natürlich beim CCC.
Praktisch ist der angeblich so tolle Ermittlungserfolg der Augsburger Polizei ein Sturm im Wasserglas. Jede Vorstellung der Augsburger Puppenkiste ist aufregender. Das einzige wirklich relevante Ergebnis sind ein paar sichergestellte Kreditkartendaten die über dieses Forum getauscht wurden. Aber ein paar Kreditkartenbetrüger rechtfertigen natürlich nicht ein halbes Jahr Ermittlung. Vermutlich hat es drei Monate davon schon gedauert, bis es dem ermittelnden Beamten gelungen ist sich mit einer GMX-Adresse am Forum anzumelden.
Und dann kommt natürlich so eine Pressemitteilung dabei heraus.