Wie Fefe schon Anfang des Monats bemerkte, das das Bundesinnenministerium eine FAQ zum Bundestrojaner veröffentlicht. Natürlich ist für jeden Informatiker leicht erkennbar, dass die Antworten des Bundesinnenministeriums großer Quatsch sind. Leider gibt es bisher keine korrigierte Fassung, daher habe ich mich des Problems einmal angenommen.
Frage: Wird bei der geplanten Online-Durchsuchung der Datenschutz genügend berücksichtigt? Wird meine Privatsphäre ausreichend geschützt? Wie bleiben meine privaten Dokumente geschützt? Wie bleiben gewerbliche und berufliche Unterlagen geschützt?
Antwort: Natürlich nicht. Es gibt schlichtweg keine Möglichkeit für ein Stück Software, zwischen sprachlich kodierten Texten eines Terroristen und harmlosen Texten eines Schülers zu unterscheiden. Kai Raven hat das Problem der Analyse von Schlüsselwörtern schön dargestellt und selbst der BKA-Präsident warnt ja davor, den privaten Lebensbereich vom Bundestrojaner auszunehmen, da die mutmaßlichen Terroristen ihre Anschlagspläne sonst ja einfach in einer Datei „privates tagebuch.doc“ verstecken könnten. Der geplante Richtervorbehalt ist leider auch nur ein Feigenblatt, wie die regelmäßigen verfassungswidrigen Hausdurchsuchungen zeigen.
Frage: Werden die Betroffenen von einer erfolgten Online-Durchsuchung informiert?
Antwort: Die Betroffenen werden praktisch nie informiert, auch wenn das gesetzlich vorgeschrieben wird. Diese Erfahrung mit dem großen Lauschangriff zeigt, dass Polizisten und Staatsanwälte sehr kreativ werden, sich um diese gesetzliche Verpflichtung zu drücken.
Frage: Ist sichergestellt, dass durch die Installierung der Ermittlungssoftware die auf dem betroffenen Rechner installierte Sicherheitssoftware nicht beeinträchtigt wird und dadurch Unbefugte zu anderen, zum Beispiel kriminellen Zwecken in die Rechner von Bürgern eindringen können?
Antwort: Nein, das ist technisch auch kaum möglich. Jede Software enthält Fehler, Standardsoftware hat sogar bis zu 25 Bugs pro 1000 Zeilen Programmcode und Software die über das Netzwerk kommuniziert ist immer auch über das Netzwerk angreifbar. So enthielt beispielsweise der Sasser-Wurm einen Programmierfehler über den weitere Schadprogramme in den Rechner eindringen konnten.
Frage: Könnte die Ermittlungssoftware entdeckt und dann zu eigenen Zwecken missbraucht werden?
Antwort: Das ist natürlich möglich und sogar sehr wahrscheinlich. Alle Viren und Schadprogramme die von Virenscannern erkannt werden sind schließlich irgendwann
entdeckt und analysiert worden. Bekanntes Beispiel ist das Sony BMG Rootkit, das von Mark Russinovitch entdeckt wurde. Auch speziell entwickelte Schadprogramme können (manchmal zufällig) entdeckt werden. Und natürlich werden einmal entdeckte Schadprogramme auch missbraucht.
Frage: Wie werden Dienstleister geschützt, welche vertraglich zum Schutz der ihnen anvertrauten und bei ihnen zur Auftragserfüllung gespeicherten Kundendaten verpflichtet sind?
Antwort: Vermutlich wird tatsächlich kein Dienstleister oder Provider zur aktiven Mithilfe verpflichtet. Das wird in der Praxis aber auch gar nicht nötig sein, notfalls werden einfach die Server des Providers beschlagnahmt. Der Richtervorbehalt ist wie oben gezeigt sowieso nutzlos und beschlagnahmt wurden sogar schon die AN.ON-Server des Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein. Wenn Behörden sich gegenseitig die Server wegnehmen hat vor der Privatwirtschaft sowieso keiner mehr Respekt.
Frage: Es wird behauptet, dass die Online-Durchsuchung Bürgerinnen und Bürger unzulässig unter einen Generalverdacht stellen würde – stimmt das und wie verhält sich dies zu der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung?
Antwort: Mit der Online-Durchsuchung wird es sich wie mit dem Abhören von Telefonen verhalten. Ursprünglich auch nur zur Aufklärung schwerer Straftaten eingeführt, wird inzwischen sogar wegen Bagatelldelikten abgehört. Abhören ist inzwischen Massengeschäft und nur in wenigen Ländern wird mehr abgehört als in Deutschland. Wenn es um vermeintliche Terroristen oder Kinderschänder geht, stehen inzwischen ja sämtliche Grundrechte zur Disposition. Noch problematischer halte ich jedoch die Heimlichkeit der Online-Durchsuchung. Die Väter des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland haben nicht umsonst aus den Erfahrungen der Nazizeit verlangt, das Hausdurchsuchungen öffentlich sein müssen und ein Zeuge hinzugezogen werden kann. Heimliche Durchsuchungen kennen die nach 45 geborenen nur aus Unrechtsregimen (Gestapo, Stasi).
Frage: Wie sollen die bei den Online-Durchsuchungen anfallenden Datenmengen durch die Sicherheitsbehörden bewältigt werden?
Antwort: Bei der Vielzahl der erwarteten Online-Durchsuchungen wird es ein paar private Unternehmen geben, die Hilfsdienste übernehmen. Das gleiche kennen wir von der Festplattenanalyse bei Kinderpornographie sowie aus dem Urheberrecht. In wieweit dann jedoch die Privatsphäre erhalten bleibt kann niemand garantieren.
Frage: Welche Rechtsmittel werden gegen Online-Durchsuchungen zugelassen?
Antwort: Da keine Benachrichtigung der Betroffenen (siehe oben) stattfindet, sind Rechtsmittel praktisch nicht notwendig.
Ich frage mich ja schon manchmal: sind die Beamten um Schäuble im Bundesinnenministerium wirklich so inkompetent wie sie sich hier geben oder ist das eine bewusste Täuschung und vorsätzliches Belügen der eigenen Bevölkerung?
Weitere Hinweise:
- Wie funktioniert der Bundestrojaner?
- Zehn Fragen und Antworten zum Thema Trojaner und Bundestrojaner
- Truecrypt Verschlüsselungssoftware
Es wird höchste Zeit, dass Schäuble, Zypries und Konsorten abgewählt werden!