28. Juni 2007
Firefox ist schon ein cooler Browser. Lästig ist nur ab und zu, wichtige Add-ons nachinstallieren zu müssen. Zwei Stück sind bei mir immer gleich dabei: NoScript und Adblock. (Ja ich weiß, es gibt Adblock Plus und fertige Filtersets, aber Adblock tut für mich und ich habe gern selbst die Kontrolle, was ich blockiere und was nicht).
Im Ergebnis ist das Internet für mich praktisch werbefrei. Ab und zu sind sogar richtige Klimmzüge notwendig, wenn ich mir doch mal Werbung ankucken möchte.
Was aber tut man gegen Werbung wenn man den Internet Explorer verwenden will?
Ich habe da eine historisch gewachsene Hosts-Datei, die viele typische Werbehosts einfach auf 127.0.0.1 umleitet. Sieht zwar manchmal nicht so schön aus, aber die Werbung ist trotzdem weg. Meine Originaldatei hat zu jeder Zeile noch ein Stichwort, warum der Eintrag drin ist (sowas wie Ads, Spyware, Dialer, …). In dieser hier ist das nicht, weil es sich da um meine persönliche Einschätzung handelt und nicht um eine Tatsachenbehauptung (Wen ich persönlich kenne und die Originaldatei will, soll mir eine Mail schreiben).
Das schöne dabei ist, die Seiten laden viel schneller, das Layout ist ansprechender, ohne die nervtötenden Blink-,Flash- und Layer-Ads und die meisten lustigen Cookies tauchen auch nicht mehr auf. Gut, man kann trefflich drüber streiten, ob man z.B. die IVW nun blockieren muss oder nicht aber ich finde, mein Surfverhalten geht die gar nichts an. Die TV- und Fernsehbranche kann ihre Quote ja auch ermitteln, ohne mich mit Cookies zu belästigen.
Ach ja, der Disclaimer: Die Veröffentlichung der Hosts-Datei erfolgt ohne Gewähr und ohne Übernahme eventueller Schäden. Sie sind selbst verantwortlich, welche Konfigurationsänderungen Sie auf Ihrem System durchführen. Die Nutzung der Datei kann Ihre Daten vernichten, Ihr Sexleben gefährden und zu Pickel führen.
Der Datenschutz im Internet wird uns in den nächsten Jahren noch sehr viel Kopfzerbrechen bereiten. Traurigerweise scheint das in der Masse der Nutzer noch niemand so richtig verstanden zu haben. Das mag damit zusammenhängen, dass die Warnzeichen schleichend kommen und viel erst aufwachen, wenn der persönliche große Knall kommt. Dieser Beitrag hier wird daher ebenfalls keine Wirkung haben, aber wenigstens erlaubt er es mir, in 5 Jahren oder vielleicht in 10 Jahren oder auch schon in 2 Jahren dann behaupten zu können: „Ich hab’s Euch ja gesagt!“. Ein paar willkürliche aber relativ bekannte Beispiele aus den großen Web 2.0 Social Communities:
StudiVZ
Eigentlich braucht man über StudiVZ nicht mehr viel schreiben. Don Alphonso hat schon alles berichtet, über die Sicherheitsprobleme, über das beliebte Stalking (bei StudiVZ verharmlosend „gruscheln“ genannt), über die lustigen (für Außenstehende) Hacks, für die interessanten abgezogenen Daten, über den Völkischen Beobachter, eigentlich über alles. Primär scheint es sich hier um ein Problem für StudiVZ bzw. den Eigentümer Holtzbrinck zu handeln. Tatsächlich ist es ein Problem der Nutzer.
Als Student sieht man vieles im Leben vielleicht etwas lockerer. Da schreibt man dann gerne mal auf seiner Profilseite (ein wenig übertrieben kommt cool) was man so alles tut oder nicht und nicht alles davon dürfte so 100% legal sein. Folglich gibt es bei StudiVZ die Marihuanaraucher, die Schwulen und Lesben, die Gang Bang Ficker und was sich sonst noch alles herumtreibt. Das ist eine willkürliche Aufzählung ohne jegliche Wertung und ich maße mir nicht an, das zu werten. Aber vielleicht der zukünftige Arbeitnehmer! Bei vielen Unternehmen ist es inzwischen üblich, die Bewerber kurz im Internet zu checken. Die FTD bezeichnet das zutreffend als Web 2.0 Karrierekiller.
Das Problem ist: Diese Daten verschwinden nicht mehr aus dem Netz.
Facebook
Facebook ist das Original, die amerikanische Studentencommunity und Facebook kämpft mit ähnlichen Problemen. Das fing schon mit der Stalkingfunktion an und betrifft das Abziehen von Daten (PDF) natürlich ganz genauso. Lustig ist offensichtlich die Suchfunktion, die Einstellungen wer welche Daten sehen darf einfach ignoriert. Man kann wohl irgendwo anders Einstellungen für die Suchfunktion konfigurieren aber das wissen die meisten Benutzer nicht. The Register warnt eindringlich: Digital data can bite you in the ass.
Das Problem bleibt: Diese Daten verschwinden nicht mehr aus dem Netz!
Google
Auch zu Google muss man nicht mehr viel schreiben. Google ist bekanntlich die große Datenkrake, wurde 2003 auch schon mal für den Big Brother Award nominiert und die letzte Studie von Privacy International hat das drastisch aufgezeigt. Google Watch führt noch ein paar weitere Punkte zusammen. Und mit Google Street Watch hat sich das Thema gerade erst potenziert. Inzwischen werden sogar die drögen Amis wach.
Europäischer und amerikanischer Datenschutz
Europäischer und amerikanischer Datenschutz unterscheiden sich hier grundlegend. Daten, die einer europäischen Firma zur Verarbeitung gegeben werden, gehören weiterhin mir. Ich habe das Recht, zu Fragen was über mich gespeichert ist und kann fehlerhafte Daten korrigieren lassen. Daten die eine amerikanische Firma über mich gespeichert hat, gehören der amerikanischen Firma. Wer sich mal die Pricacy Policy einer amerikanischen Firma durchgelesen hat (z.B. Paypal) versteht, was ich meine. DoubleClick hat bereits einmal versucht, Daten aus dem Surfverhalten der Nutzer zu personalisieren. (DoubleClick wurde jetzt übrigens für 3,1 Milliarden USD von Google gekauft. Da soll noch jemand behaupten, Google sein nicht evil.
Vorratsdatenspeicherung
Komplett den Bach runter geht der Datenschutz spätestens, wenn die von den Herren Schäuble („ich habe von einem Bundestrojaner nichts zu befürchten, ich habe ja keine schwarzen CDU-Geldkoffer von Herrn Schreiber angenommen“) und Beckstein („ich dachte der Virus mit dem BKA-Titel sei eine dienstliche Mail an mich“) geforderte Vorratsdatenspeicherung kommt. Das ist jedem vernünftig denkenden Menschen aber eigentlich auch klar.
Dafür gibt es jetzt aber eine tolle Initiative der EU: Privacy and Identity Management in Europe, kurz PRIME. Leitmotiv von PRIME ist es laut Heise angeblich:
„die personenbezogenen Informationen beim Identitätsmanagement unter der Kontrolle des Nutzers zu belassen. Ziel ist es, auch bei der Herausgabe persönlicher Daten für die Inanspruchnahme von Online-Services den jeweils maximal möglichen Datenschutz zu gewährleisten.“
Der zweite Absatz erklärt jedoch, wo es wirklich hingeht:
„Mit Systemen zum ID-Management soll das Problem der sicheren Identifikation von Surfern im Internet gelöst werden. Der Druck auf die Entwicklung eines entsprechenden „sicheren Kommunikationsraums“ im Netz geht […] von der Politik aus.“
Oder, wenn wir Neusprech mal weglassen: Anonym im Internet ist nicht mehr.
Da fühlt man sich in der Europäischen Union mal wieder richtig gut aufgehoben. Oder?