Anmerkung: Der folgende Beitrag hat mit IT-Sicherheit eigentlich nicht mehr viel zu tun. Er zeigt jedoch, dass einfaches Footprinting d.h. ein paar Informationen von Denic und aus dem Telefonbuch zusammengesucht bereits genügen, potentielle Skandälchen aufzudecken. Falls Euch das nicht interessiert, einfach überlesen.
Hier in Bayern sind wir ja viel gewohnt, auch wenn es nach Franz-Josef schon ein wenig besser geworden ist. Aber ab und an verwechseln einzelne Mitglieder der CSU anscheinend immer noch, dass der Freistaat und die Partei nicht ganz identisch sind.
Aktueller Fall: der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger.
Wir werfen einen Blick auf die Domain schaidinger.de, Denic hilft uns hier bestens weiter:
- Domaininhaber: Hans Schaidinger, [gekürzt], Regensburg
Ich vermute, das ist die Privatadresse des Herrn Schaidinger. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden, wenn er eine Domain auf seinen Namen reserviert. Schauen wir jedoch mal, wer die Domain verwaltet.
- Administrativer Ansprechpartner: Oberbürgermeister Hans Schaidinger, Minoritenweg 8-10, 93047 Regensburg
Sehr interessant. Im Minoritenweg 8-10 befindet sich nach meinen Informationen das neue Rathaus der Stadt Regensburg. Der Amtssitz des Bürgermeisters ist jedoch im alten Rathaus. Im Minoritenweg sitzt statt dessen das Amt 17 IuK, das u.a. für die IT der Stadt Regensburg zuständig ist. Anscheinend lässt der feine Herr Oberbürgermeister seine private Domain von der Stadt Regensburg betreiben.
Man könnte jetzt vielleicht noch einwenden, dass der Oberbürgermeister ein Amtsträger ist und auf seiner Seite nur Informationen über seine Amtsführung zu finden ist. Dem ist nur leider nicht so. Statt dessen leitet die Seite schaidinger.de direkt auf die Seite der CSU Regensburg um. Eine persönliche Wahlwerbung des Herrn Schaidinger und der CSU.
Aus meiner Sicht riecht das verdächtig nach einer möglichen Veruntreuung von Mitteln der Stadt Regensburg für private Zwecke des Herrn Schaidinger. Der Schwabe würde sagen, das hat ein „Gschmäckle“. Interessant wäre jetzt eigentlich noch herauszufinden, ob das Amt 17 auch die Denic-Gebühren für die Domain bezahlt. Dann ist das eindeutig. Als Provider und Zonenverwalter fungiert zufällig R-Kom, der städtische Internetprovider, da schließt sich dann auch der Kreis.
Andere Politiker sind mit solchen Sachen etwas vorsichtiger. Die persönliche Webseite unserer Bundeskanzlerin angela-merkel.de beispielsweise gehört der CDU und wird auch von der Partei bezahlt. Schließlich wird sie ja auch für Parteiwerbung eingesetzt. Aber aus der Regensburger CSU sind wir in letzter Zeit ja einiges gewohnt. Wirklich Schaden wird es der CSU jedoch nicht. Alles unter 50% für Schaidinger wäre im tiefschwarzen Regensburg schon eine besondere Überraschung.
Mir persönlich ist es ja egal, wer in Regensburg Oberbürgermeister wird aber vielleicht sollte man ein paar Politikern nochmal erklären wie das so ist mit dem Internet, dem Denic, den IP-Adressen und dem Ausdrucken von Webseiten.
Nachtrag:
Wie von Hans Dampf im Kommentar als erstes bemerkt, ist inzwischen (Stand: 10.03.2008) Herr Schaidinger persönlich und nicht mehr das Amt 17 als Administrativer Ansprechpartner bei Denic eingetragen.
Das, was Du beschreibst ist schon eine Frechheit!
Genauso die Tatsache, dass meine Frau und ich jeweils einen Wahlwerbebrief im Briefkasten vorfanden. Doch woher nimmt der Herr OB-Kandidat unsere Daten (Vorname, Name, Adresse)? Bei mir könnte man noch sagen, er nutzt die Telefonbuchdaten (was ja auch schon rechtswidrig wäre). Aber auf meine Frau ist kein Telefon angemeldet.
Meine Vermutung: Die Daten stammen aus den Datenbeständen des Einwohneramtes. Und das für die Werbung einer Partei (in diesem Fall CSU). Schweinerei!
Comment by Martin K K. — 28. Februar 2008 @ 21:16
Eine kleine Berichtigung meinerseits: Anscheinend dürfen die Parteien an die Daten ran. Siehe die Broschüre auf dieser Seite:
http://www.datenschutz-berlin.de/content/Ver%C3%B6ffentlichungen/Ratgeber/Nr.+7+-+Wahlwerbung+
Comment by Martin K. — 28. Februar 2008 @ 21:23
Korrekt.
Das geltende Melderecht erlaubt grundsätzlich die Übermittlung von einigen wenigen Daten (Vor- und Familienname, Doktorgrad, Anschriften) an Parteien, Wählergruppen und Wahlbewerber im Zeitraum von sechs Monaten vor der Wahl (§ 31 Abs. 1 BayMeldeG, § 21 Abs. 1 MRRG). Allerdings dürfen nur die Daten von Personen übermittelt werden, die zu bestimmten altersmäßig zusammengesetzten Gruppen gehören.
Ich kann mich noch daran erinnern, daß die Junge Union damals alle Erstwähler angeschrieben hat und dafür direkt vom Einwohnermeldeamt einen Satz Adressaufkleber bekommen hat, der auch nur einmal und nur für diesen einen Zweck der Parteiwerbung verwendet werden durfte. Allerdings musste pro übermittelten Datensatz bezahlt werden, d.h. in der Praxis können sich das oft nur CSU und SPD leisten, eventuell noch die Liberalen.
Ein anderer beliebter Trick ist, mehrere Anfragen zu stellen: 1. Jungwähler von 18-25, dann 2. Arbeitende Bevölkerung von 26-55 und 3. Ältere über 55. In der Regel beantworten Melderegister diese Anfragen auch wenn sie nicht dem Sinn des Gesetzes entsprechen.
Du hast jedoch ein Widerspruchsrecht. Dazu mußt Du aufs Meldeamt gehen und erklären, daß Du der Weitergabe Deiner Adresse an Parteien zum Zwecke der Wahlwerbung widersprichst, ein Formular ausfüllen und unterschreiben, Deinen Personalausweis herzeigen und dann kommt auch nichts mehr. (Das geht aber nicht selektiv. Entweder alle Parteien oder keine. Für die Kommunalwahl hättest Du spätestens bis 2. Juli widersprechen müssen, für die Landtagswahl am 28. September 2008 kannst Du Dir m.W. bis 28. März Zeit lassen. Nach dem 28. März darf das Einwohnermeldeamt Deine Daten rausgeben.)
Comment by Christian — 28. Februar 2008 @ 22:33
Hier sind auch die bayrischen Links:
http://www.ewikom.de/wahlamtonline/index.aspx
http://www.ewikom.de/wahlamtonline/files/Bek_32MeldG_II_sp.pdf
Comment by Christian — 28. Februar 2008 @ 22:35
Nicht nur Michael Glos ist (k)ein Profi beim Handling von E-Mail-Programmen:
Bei der NASA gibt es aktuell erhebliche Probleme bei der Nutzung von E-Mail durch die Beschäftigten. Diese sollen keine vollständigen Anleitungen besitzen und nicht ausreichend trainiert sein, um das Mailsystem so zu nutzen, das nichts wichtiges übersehen wird, und die bei NASA gültigen Anforderungen an eine E-Mail Archivierung erfüllt werden.
45 % aller Beschäftigten hätten nicht gewusst, dass man die wichtigen, zu bearbeitenden E-Mails auch archivieren hätte müssen, und die Beschäftigten hätten weiterhin nicht gewusst, wie diese Archivierung zu erfolgen hätte.
Siehe auch: http://www.fcw.com/online/news/151818-1.html
Comment by Dr. Esemehl Bastschuh — 4. März 2008 @ 09:21
Nicht nur die NASA. E-Mail scheint in den USA generell ein Problem zu sein. Das Weiße Haus von George W. Bush hat ebenfalls das Problem, daß wichtige Mails leider unter Mißachtung der Gesetze nicht archiviert wurden. Beispielsweise Mails zum Irak-Krieg.
Die US Army findet hingegen ZIP-Files ganz böse und nimmt die nur an, wenn man sie in .ZZZ umbenennt. Haarsträubend.
Andererseits gilt seit 01.01.2007, daß geschäftliche E-Mail in Deutschland ebenfalls archiviert werden muß und da hält sich praktisch auch kaum eine der kleineren Firmen so richtig dran. Der Unterschied ist halt, hier ist noch niemand so richtig verknackt worden.
Comment by Christian — 4. März 2008 @ 16:29
Der denic Eintrag zur schaidinger.de ist heute, 10.03.2008 geändert worden. Jetzt wird auch als Verwalter der Seite Herr Schaidinger mit einer Privatadressen angegeben.
Comment by Hans Dampf — 10. März 2008 @ 19:30
Stimmt. Interessant … ich frage mich ob er einen Tipp bekommen hat. Immerhin muß Herr Schaidinger in Regensburg in die Stichwahl gegen seinen SPD-Konkurrenten Joachim Wolberg, da wird man sich wohl keine Blöße geben wollen.
Comment by Christian — 10. März 2008 @ 20:18
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Comment by Christian — 23. März 2009 @ 17:04